Wie kann die Unternehmenskultur beitragen?

Zusätzlich zu engagierten Führungskräften hilft auch eine empathische und offene Unternehmenskultur beim Umgang mit psychischen Krisen im Betrieb.

Wie genau, das lesen Sie hier.

Interesse am Anderen

Besonders eine Kultur des gegenseitigen Interesses und des Aufeinander-Acht-Gebens kann hilfreich sein. Dazu gehört auch ein Interesse an den individuellen Situationen und Bedürfnissen der Mitarbeitenden und eine Sensibilität für die psychischen Gesundheit der Beschäftigten. Gleiches sollte sich auch unter Kolleginnen und Kollegen zeigen:

„Es braucht Empathie. Dass man einfach spürt, hoppla, da hat jemand jetzt gerade Schwierigkeiten.“
(Geschäftsführerin, Mittleres Unternehmen, Gesundheits- und Sozialwesen)
„Wenn so was im Team aufkommt, bestenfalls schon die Kollegen sagen: ‚Hey, da stimmt was nicht bei meinem Kollegen. Der ist sonst viel besser drauf und der hat Probleme.‘ Da im Team also schon sensibel sein.“
(Personaler, Großunternehmen, Finanz- und Versicherungsdienstleistung)

Beitrag einer/eines Betroffenen
„Bitte geht achtsam mit all euren Mitarbeitenden um.“ (Matteo B.)

Offenheit und Vertrauen

Wenn Mitarbeitende eine psychische Krise erleben, ist ein vertrauensvoller Umgang zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden besonders wichtig. Eine sichere Vertrauensbasis kann viel dazu beitragen, dass sich Mitarbeitende öffnen und über ihre belastende Situation sprechen können.

„Wichtig ist, dass jeder Mitarbeiter weiß, wenn es schwierig wird, dass die Türen offen sind. Dass man im Bedarfsfall dann auch unterstützt, soweit es irgendwie möglich ist.“

(Geschäftsführer, Mittleres Unternehmen, Gesundheits- und Sozialwesen)
„Das ist natürlich schwierig, jemandem klarzumachen, es passiert dir nichts, wenn du dich öffnest. Es ist eher von Vorteil.“
(Betriebsärztin, Großunternehmen, Pharmaindustrie)

Wichtig ist auch, dieses Angebot regelmäßig an alle Mitarbeitenden zu kommunizieren, z. B. bei Betriebsversammlungen. Dieser Rahmen kann auch genutzt werden, um Situationen (anonymisiert) anzusprechen, die nicht positiv verlaufen sind, und Vorgehensweisen zu erklären.

Wissen, Akzeptanz und Verständnis

Weiterhin braucht es Wissen, Akzeptanz von und Verständnis für psychische Erkrankungen und damit einhergehende Veränderungen im Arbeitssetting.

„Es ist wichtig, dass die Führungskraft zugänglich ist für psychische Krisen. Dass nicht so etwas kommt wie: ‚Jetzt reiß dich mal zusammen, dann geht das schon.‘“
(Betriebsärztin, Großunternehmen, Verarbeitendes Gewerbe)

Hilfreich kann auch ein Perspektivwechsel sein: Eine psychische Erkrankung kann nicht nur als eine Krise, sondern auch als eine Chance für die Weiterentwicklung des Unternehmens wahrgenommen werden.

„Es ist ja nicht so, dass es eine psychische Krise nur Einschränkung bedeutet. Betroffene Mitarbeitende haben natürlich auch ein immenses Potential, diese schwierigen Phasen wieder zu überwinden. Deswegen versuchen wir schon die Mitarbeiter zu halten und von dieser Erfahrung zu zehren.“

(Führungskraft, Mittleres Unternehmen, Sozial- und Gesundheitswesen)
Nicht nur die psychische Erkrankung sehen

Grundsätzlich ist für den Umgang mit psychisch erkrankten Mitarbeitenden wichtig, sie nicht auf ihre Erkrankung zu reduzieren. Alle Mitarbeitenden verdienen die gleiche Wertschätzung – unabhängig von einer Erkrankung.

Es kann helfen, sich die Frage zu stellen: „Wie möchte ich behandelt werden, wenn ich in einer psychischen Krise bin?“

„Den Mitarbeiter haben wir zwar ohne eine psychische Krise eingestellt oder wir haben nicht von der Erkrankung gewusst. Das heißt aber auch, er hat vorher schon viel für die Firma hier geleistet und jetzt kann er halt vielleicht nicht mehr so. Aber der er fängt sich ja auch wieder. Also lässt man ihn auch nicht am Weg liegen.“

(Betriebsärztin, Großunternehmen, Verarbeitendes Gewerbe)
Bereitschaft zur gemeinsamen Lösungsfindung
Bei notwendigen Anpassungen der Arbeitsbedingungen aufgrund einer psychischen Erkrankung ist es wichtig, dass alle Beteiligte – Arbeitnehmer, Führungskräfte, Teammitglieder - bereit sind, gemeinsame Lösungen zu finden.

„Es ist abhängig vom Verständnis der Führungskräfte, ob man Dinge umsetzen kann, zum Beispiel aus einer Dreischicht raus in eine Normalschicht.“

(Betriebsärztin, Großunternehmen, Verarbeitendes Gewerbe)